Der Schweregrad bei Hämophilie A ist abhängig davon, wie stark der Gerinnungsfaktor VIII (FVIII) in seiner Funktion gestört ist. Anhand der Restaktivität des FVIIIs lassen sich folgende Schweregrade unterscheiden:
- Schwere Hämophilie A
- Mittelschwere Hämophilie A
- Leichte Hämophilie A
Schwere Hämophilie A ist entweder in der Familienanamnese bekannt oder wird meist im Kleinkindalter diagnostiziert, wenn die Kinder mit steigendem Bewegungsdrang durch häufige Verletzungen und Blutergüsse auffällig werden.
Bei Patienten mit leichter oder mittelschwerer Hämophilie A wird dagegen oft erst im Erwachsenenalter die Diagnose gestellt. Der Grund dafür ist die geringere und seltenere Blutungsneigung.
Bei schwerer Hämophilie A sind starke Blutungen bei leichten Verletzungen typisch, Wunden hören fast nicht mehr auf zu bluten. Außerdem können Blutungen ohne vorherige Verletzung auftreten, sog. Spontanblutungen. Lebensgefährlich können innere Blutungen sein.
Bei der mittelschweren Hämophilie A zeigt sich eine recht starke Blutungsneigung meist in Folge eines Unfalls oder einer Operation. Die Blutungen können sehr lange andauern bzw. nicht zum Stillstand kommen. Nur selten kommt es zu Spontanblutungen.
Patienten mit leichter Hämophilie A haben im Alltag fast keine Probleme, obwohl die Blutgerinnung nicht vollkommen intakt ist. Die Diagnose erfolgt meist erst nach einer Operation, einer Zahnbehandlung oder einer schweren Verletzung. Hier dauert die Blutstillung länger als gewöhnlich. Das lässt die Vermutung aufkommen und es erfolgt die Kontrolle der Blutgerinnung.
Unterschiedliches Bewusstsein der Erkrankung
Während sich die Patienten mit schwerer Hämophilie A ihrer Krankheit sehr bewusst sind, und ihre Behandlung – egal ob vorsorglich oder nach Bedarf – entsprechend ernst nehmen, unterschätzen Patienten mit leichter oder mittelschwerer Hämophilie A häufig „den Ernst der Lage“, d.h. in erster Linie die Folgeschäden. Gelenkblutungen werden nicht wahrgenommen. Das Bewusstsein fehlt, dass jede Blutung vermieden werden sollte, um Langzeitschäden zu vorzubeugen.
Ärzte sind eher in der „Zwickmühle“, dass sie einerseits nicht zu früh mit der Prophylaxe (Vorbeugung) beginnen wollen, andererseits aber auch Sorge haben, evt. zu spät gehandelt zu haben.
Angesichts gerade der möglichen Spätfolgen, insbesondere in den Gelenken, ist das Zögern und / oder die Unterlassung einer professionellen Vorbeugung eher kontraproduktiv.
Gelenkblutungen verursachen Gelenkschäden
Unabhängig vom Schweregrad der Hämophilie verursachen Gelenkblutungen die stärksten Probleme, mit denen Hämophile zu kämpfen haben. Gelenkblutungen haben neben akuten Schmerzen und Bewegungseinschränkungen nicht reparable Gelenkschäden zur Folge und ein Gelenk wird anfälliger für weitere Blutungen („Zielgelenk“). Jede weitere Blutung führt zum Fortschreiten des Gelenkschaden bis hin zu einer möglichen Versteifung des Gelenks und damit zu einer Behinderung.
Deswegen sollte möglichst jede Blutung vermieden werden, um Schäden und Einschränkungen sowie damit einhergehenden Schmerzen vorzubeugen. Bei allen Patienten, die regelmäßig bluten, ist eine prophylaktische Therapie angezeigt.
Zur Vermeidung von Komplikationen gibt man vorsorglich Medikamente
Eine z.B. durch einen Unfall hervorgerufene, schwere Blutung kann nur durch Gabe von Gerinnungsfaktoren in Grenzen gehalten werden. Ist diese Hilfe nicht rechtzeitig möglich, könnte dies den Tod durch Verbluten bedeuten. Zur Vermeidung solcher Komplikationen gibt man heute bei schweren Formen der Hämophilie vorsorglich (oder prophylaktisch) Medikamente: entweder neuerdings sogenannte Antikörper oder – eher früher – rekombinante Gerinnungsfaktoren.