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Habe nach dem hier angesprochenen Urteil gesucht: auf der Website des Bundessozialgericht, s.a.:
findet sich folgendes Urteil:
4) Die Revision der beigeladenen Krankenkasse war erfolgreich.
Die Regressfestsetzung durch den beklagten Beschwerdeausschuss ist rechtmäßig, weil die klagende Ärztin gegen das unmittelbar verpflichtende Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen hat, indem sie den für den Versicherten der Beigeladenen benötigten Gerinnungsfaktor verordnet hat, statt diesen direkt beim Hersteller zu beziehen und selbst an den Patienten abzugeben. Die Klägerin verfügte aufgrund ihrer Erfahrung über die für den Direktbezug geforderte Qualifikation, da seinerzeit ein formeller Nachweis der Qualifikation in Form einer Zusatzweiterbildung noch nicht möglich war. Die beigeladene Krankenkasse hatte die Klägerin zuvor im Übrigen ausdrücklich auf die Möglichkeit des Direktbezugs hingewiesen. Auch war sie nicht durch besondere Umstände daran gehindert, das Arzneimittel an den Patienten abzugeben. Daher war sie verpflichtet, diesen erheblich kostengünstigeren Bezugsweg zu wählen. Auch der Höhe nach ist der Regress nicht zu beanstanden, da bei Abgabe von Gerinnungsfaktoren ‑ auch sofern sie durch Apotheken erfolgt ‑ kein Herstellerrabatt zu gewähren ist.
SG Magdeburg – S 21 KA 97/08 –
LSG Sachsen-Anhalt – L 9 KA 5/12 –
Bundessozialgericht – B 6 KA 18/14 R –
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Mein Kommentar: Hier wurde offensichtlich eine Ärztin in Regress genommen, weil sie ein Hämophilie-Präparat nicht „direkt“ beim Hersteller bezogen, sondern es über die Apotheke verordnet hatte. Das wurde als unwirtschaftlich angesehen, da die Hersteller in der Regel im „Direktbezug“ Rabatte gewähren, die im Apothekenvertriebsweg nicht den Krankenkassen zugute kommen. (Wenn ein Arzt „unwirtschaftlich“ verordnet, wird er in Regress genommen, d.h. er muss – aus seinem privaten Vermögen – eine „Strafe“ bezahlen.)
Dieser hier – am 13. Mai 2015 (!) – geforderte „Direktbezug“ – also unter Umgehung der Apotheke – ist / war eine bis 15. August 2020 (!) – gültige Ausnahme des gesetzlich vorgeschriebenen Apothekenvertriebsweges (Grundsätzlich gilt: Alle Arzneimittel in Deutschland müssen über die Apotheke ausgeliefert werden). Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) regelt die neuen Wege. Hier im Forum finden sich dazu weiterführende Links. Die Firma Shire / Takeda hat dazu eine eigene Website ins Netz gestellt: https://www.gsavheminfo.de
In der Deutschen Apotheker Zeitung findet sich auch folgender Artikel: Arzneimittel gegen Hämophilie bald apothekenpflichtig https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/01/23/arzneimittel-gegen-haemophilie-bald-apothekenpflichtig
Herzliche Grüße Joachim Freischem